Gebrauchsanweisung fuer Amerika by Watzlawick Paul
Autor:Watzlawick Paul
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: United States, 20th Century, History, Travel, General
Herausgeber: Piper
Presse, Radio, Fernsehen
Mit Ihrer Ankunft in den Staaten sind Sie unversehens in ein Informationsvakuum eingetreten. Diese Behauptung mag Ihnen um so unwahrscheinlicher vorkommen, als Sie sicherlich von der berühmten Meinungs- und Ausdrucksfreiheit Amerikas gehört haben. Mit dieser Freiheit aber hat es seine eigene Bewandtnis, denn auch hier werden Sie auf den Unterschied zwischen Schein und Sein stoÃen, von dem eben die Rede war.
Der Amerikaner hat freiwillig und spontan einen Grad der Informationsverarmung und Meinungssteuerung erreicht, den jede um die Milch der frommen Denkungsart ihrer bockigen Untertanen besorgte volksdemokratische Regierung nur mit grünem Neid zur Kenntnis nehmen kann. Wie es dazu kam, darüber könnte ich nur dilettantisch spekulieren. Daà es so ist, werden Sie sehr bald feststellen. Die vielgerühmte und vielpropagierte Meinungs- und Pressefreiheit Amerikas besteht â darüber gibt es keinen Zweifel. Jedermann kann die Obrigkeit nach Herzenslust kritisieren, wirkliche oder vermeintliche MiÃstände anprangern und auch den Präsidenten in einer Weise abkanzeln, die unsere zartbesaiteten europäischen Politiker mit »Ehren«-Beleidigungsklagen zum Kadi laufen lieÃe. Niemand schreibt dem Staatsbürger vor, was er denken, glauben und fühlen muÃ. Aber der Amerikaner hat diese Freiheit entweder für das Linsengericht der wohligen Gleichschaltung verkauft, oder er hat von ihr überhaupt nie Gebrauch gemacht. Das Resultat ist im einen wie im anderen Falle dasselbe: Man kann sich in den USA nicht einmal in dem Grade über das Weltgeschehen informieren, wie einem das jedes europäische Provinzblatt wenigstens in groÃen Zügen ermöglicht. Zugegeben, es gibt einige groÃe Zeitungen, an ihrer Spitze die New York Times (deren Sonntagsausgabe oft über hundert Seiten oder 150000 Druckzeilen umfaÃt). Aber sie, ebenso wie die Washington Post oder (überraschenderweise) der Christian Science Monitor , ist eine Ausnahme. Und wie auch auf der übrigen Welt sind die amerikanischen Zeitungen auf die Bedürfnisse ihrer Leser zugeschnitten; Bedürfnisse, von denen man allerdings kaum feststellen kann, ob sie Ursache oder Wirkung dieser Form der Nachrichtenversorgung sind.
Es mag zutreffen, daà das Interesse am Weltgeschehen im Quadrat der Entfernung zu den Brennpunkten dieses Geschehens abnimmt; daà zum Beispiel die Entwicklung der Lage in Jugoslawien dem Bewohner von Omaha schnuppe ist. [11] Dies aber erklärt noch nicht, weshalb man in der zweitgröÃten Demokratie der Welt vergeblich nach einer Oppositionspresse sucht. Ihr Fehlen macht es unmöglich, sich nach europäischem Rezept durch das Lesen der Einseitigkeiten sowohl der Regierungsblätter als auch der Oppositionspresse ein ungefähres Bild der wahren Vorgänge zu bilden. In den USA spielt es gar keine Rolle, welche Zeitung Sie lesen, denn sie alle scheinen ihre Meldungen von ein und demselben geheimen, zentralen Nachrichtensupermarkt nicht nur in metaphorischem Zellophan keimfrei verpackt, sondern auch bereits vorgekaut zu beziehen. Auch der Stil bleibt weitgehend derselbe, und böse Zungen behaupten, daà sich die Ausbildung eines Journalisten im Erlernen von drei Regeln erschöpft: 1. Tell them what you are going to tell them; 2. Tell them; 3. Tell them what you have just told them (auf deutsch infolge der mehrfachen Bedeutung von tell nicht ganz so prägnant etwa: 1. Erkläre ihnen [das heiÃt, den Lesern], was du ihnen sagen wirst; 2. Sag es ihnen; 3. Erkläre ihnen, was du eben gesagt hast).
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The Blackwell Companion to Hermeneutics by Keane Niall; Lawn Chris;(1001)
Über die Freiheit by John Stuart Mill(919)
Zur Urgeschichte der Deutschen by Friedrich Engels(913)
Das Ende der Illusionen by Andreas Reckwitz(912)
Die Optimierungsfalle by Nida-Rümelin Julian(910)
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The Political Fragmentation of Germany by Zef M. Segal(813)
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